Veranstaltung: | 45. Bundesmitgliederversammlung |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 8.2.1. Inhaltliche Anträge |
Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 05.05.2022) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 21.05.2022, 09:19 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A2NEU: Reproduktive Selbstbestimmung umsetzen - Schwangerschaftsabbrüche legalisieren!
Antragstext
Campusgrün fordert die Streichung der Regelungen zu Schwangerschaftsabbrüchen
aus dem Strafgesetzbuch.
Die aktuelle Bundesregierung plant die Streichung des § 219a StGB, des
sogenannten Werbeverbots. Dieses verbietet es Gynäkolog*innen, öffentlich
darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen und über
deren Modalitäten aufzuklären. Diese Planung der Ampel-Regierung ist das
Ergebnis jahrelanger Bemühungen zivilgesellschaftlicher Aktivist*innen und
Ärzt*innen. Die geplante Streichung ist ein guter Schritt in die richtige
Richtung, jedoch noch unzureichend: Schwangerschaftsabbrüche haben im StGB
nichts zu suchen!
Stattdessen fordert Campusgrün ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, welches
ein Recht auf körperliche und insbesondere reproduktive Selbstbestimmung zum
Ausdruck bringen würde. Damit einhergehen muss auch eine gute gesundheitliche
Versorgung der ungewollt Schwangeren: So muss es ein flächendeckendes Netz an
Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche anbieten, geben - sowohl auf dem Land, als
auch in der Stadt, sodass ungewollt Schwangere nicht weit in eine ihnen fremde
Stadt fahren müssen. Die weiten Anfahrten kosten sowohl zeitliche als auch
finanzielle Ressourcen, die nicht allen Personen zur Verfügung stehen.
Das Thema muss gesamtgesellschaftlich enttabuisiert werden, sodass Personen, die
sich unsicher sind, ob sie ihre Schwangerschaft abbrechen möchten, offen darüber
sprechen können und sich - auch von ihrem sozialen Umfeld - ohne Scham beraten
lassen können. Nicht alle, die abgetrieben haben, haben danach psychische
Schwierigkeiten damit. Sollte dies aber der Fall sein, muss es möglich sein,
dass sie unproblematisch psychotherapeutische Begleitung in Anspruch nehmen
können.
Es ist wichtig, dass es gesellschaftlich akzeptiert wird, dass Schwangere
selbstbestimmt über ihren Körper entscheiden können. Die Einschränkung der
Selbstbestimmung ist ein patriarchales Instrument, mit dem die Fähigkeit zur
Reproduktion, welche cis Männern vorenthalten bleibt, kontrolliert werden soll.
Diese Einschränkung der Selbstbestimmung wird nicht nur staatlich, wie etwa
durch gesetzliche Regelungen, gefördert, sondern auch durch die Kirche. Vielfach
kommt es vor Abtreibungskliniken zu sogenannten Gehwegbelästigungen, bei welchen
Personen auf dem Weg zum Schwangerschaftsabbruch ein schlechtes Gewissen gemacht
werden soll. Auch hiergegen plant die aktuelle Bundesregierung Maßnahmen, die
schnellstmöglich umgesetzt werden müssen! Gerade aus dem Grund, dass Private und
Kirchen oftmals nicht die Interessen der ungewollt Schwangeren verfolgen, müssen
öffentliche Stellen die Beratung der Betreffenden sicherstellen, solange diese
Beratung gesetzlich verpflichtend ist (§§ 218a, 219 StGB). Auch diese
Möglichkeiten zur Beratung müssen flächendeckend verfügbar sein.
Wichtig ist ebenfalls, dass die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch sowie
alle weiteren in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten vollständig von den
gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Aktuell ist dies nur bei einem
kleinen Teil der Kosten der Fall. Die Kosten für den eigentlichen
Schwangerschaftsabbruch - bis zu 570 € - müssen die ungewollt Schwangeren selbst
tragen. Die Kosten können einkommensabhängig auch übernommen werden, allerdings
muss die Übernahme noch vor dem Eingriff beantragt werden. Da der Zeitraum, in
dem Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland straffrei sind, sehr kurz ist, kann
dies zu erheblichen Problemen und zusätzlichem Stress führen.
Begründung
Campusgrün unterstützt bereits seit einiger Zeit die Kampagne #wegmit218 [1] und setzt sich für die reproduktiven Rechte von Personen mit Uterus ein. Dieser Antrag soll unsere Beschlusslage zum Thema vervollständigen.
Das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen stammt noch aus dem 19. Jahrhundert und wurde vom Reichsstrafgesetzbuch ins heutige Strafgesetzbuch übernommen. Auch wenn inzwischen der Abbruch einer Schwangerschaft in bestimmten Fällen straffrei - aber dennoch rechtswidrig - ist, zeigen sich erhebliche Mängel in der Gesundheitsversorgung und Selbstbestimmung.
Dass die Bundesregierung nun den § 219a StGB abschaffen will, ist ein guter Schritt, unsere Kämpfe für eine echte körperliche, sexuelle, reproduktive Selbstbestimmung dürfen jedoch nicht aufhören.
[1] www.wegmit218.de