| Veranstaltung: | 45. Bundesmitgliederversammlung | 
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 7. Leitantrag | 
| Antragsteller*in: | Bundesvorstand | 
| Status: | Eingereicht | 
| Eingereicht: | 21.05.2022, 09:13 | 
| Antragshistorie: | Version 1   | 
L1NEU: Schlechte Lehre, harte Zeiten - für den Feminismus streiten!
Antragstext
Das Leben von Studierenden spielt sich zu einem Großteil an der Hochschule ab - 
und das häufig in patriarchalen, männlich dominierten und überholten 
Machtstrukturen. Als Campusgrün Bundesverband kritisieren wir die eklatanten 
Mängel in der Lehre an deutschen Hochschulen, die sich gerade im Blick auf 
Aspekte der Geschlechtergerechtigkeit zeigen. Auch auf die Lehre wirkt sich dies 
unmittelbar aus und Strukturen werden reproduziert, wenn nicht gar verfestigt. 
Daran müssen wir ansetzen und Hochschulen zu einem Ort machen, an dem 
feministische Wissenschaftspolitik großgeschrieben wird. Also: Schlechte Lehre, 
harte Zeiten - für den Feminismus streiten!
Feminismus in der Lehre
Hochschulen sind vor allem eines: Ein Ort der gemeinsamen Produktion von 
Erkenntnissen durch alle Beteiligten. Es ist daher unerlässlich, dass Feminismus 
eine zentrale Rolle in der Lehre spielt. Dazu müssen Geschlechterfragen nicht 
nur in wenigen Studiengängen wie den Gender Studies thematisiert werden, sondern 
in jede Hochschulbildung integriert werden. In allen Fächern müssen 
feministische Perspektiven mit einbezogen werden, da die Diskriminierung und 
Benachteiligung von Frauen, inter*, nicht-binären, trans* und agender Personen 
in jedem Lebens- und Gesellschaftsbereich verankert ist. Um diese 
Diskriminierung langfristig zu bekämpfen, müssen insbesondere 
Lehramtsstudierende für diese Themen sensibilisiert werden. Nur so können 
feministische Perspektiven an jüngere Generationen weitergegeben werden. Aber 
auch das aktuelle Lehrpersonal an Hochschulen muss zu diesen Themen ausgebildet 
werden: Sie müssen lernen, ihre eigenen Rollenbilder zu hinterfragen und auch, 
wie sie sexistische oder gar gewalttätige Vorfälle verhindern oder, sollte es 
dafür bereits zu spät sein, wie sie damit umgehen können, ohne weiteren Schaden 
anzurichten. Sexistische Rollenbilder spielen allzu oft in von Dozierenden 
präsentierten Beispielen eine Rolle. So beispielsweise im Jura-Studium: Seit 
Jahren werden sexistische Beispielsfälle bemängelt, an der Ausbildung selbst hat 
sich seitdem jedoch nur wenig verändert. Welch drastische Folgen diese Ignoranz 
gegenüber FINTA* Personen haben kann, wird im medizinischen Bereich deutlich. Im 
Lehrplan des Medizinstudiums spielen beispielsweise Schwangerschaftsabbrüche 
grundsätzlich keine Rolle und Medizin an Körpern, welche bei der Geburt nicht 
eindeutig dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, liegt Jahre hinterher. 
Das führt dazu, dass Ärzt*innen falsche Diagnosen stellen, da sie über die 
unterschiedlich auftretenden Symptome nicht informiert sind. Gleichzeitig werden 
Medikamente auch auf cis Männer zugeschnitten, was alle anderen Personen enorm 
benachteiligt und auch gefährdet. Der Mangel an Aufklärung über nicht-cis 
männliche Körper führt auch für inter* Personen zu großen Problemen. Oftmals 
weisen Ärzt*innen diesen bei der Geburt fälschlicherweise ein willkürlich 
gewähltes binäres Geschlecht zu, welches nicht einmal ihren Geschlechtsorganen 
entspricht. Aus Überforderung werden dann bei den Kindern in jüngstem Alter 
Operationen durchgeführt, die sie eindeutig einem binären Geschlecht zuordnen 
sollen. Da dies oft im Un- oder Halbwissen der Eltern geschieht und ein kleines 
Kind dem nicht zustimmen kann, handelt es sich um eine überaus übergriffige 
Praxis. Es zeigt sich also, welche Folgen die Vernachlässigung von 
feministischen Perspektiven haben kann.
Parität
Dieser Mangel kann einerseits durch die Sensibilisierung der Dozierenden 
angegangen werden. Ein großes Problem ist aber auch, dass weitestgehend cis 
Männer in Spitzenpositionen vertreten sind und dort eben auch vorwiegend cis 
männliche Themen durchsetzen können. Diese strategischen und machtvollen 
Positionen müssen also diverser und paritätisch besetzt werden.
Bei der Besetzung von Professuren ist dieser Gedanke teilweise bereits 
angekommen - dank Studierendenvertreter*innen in den Auswahlgremien, die immer 
wieder unermüdlich darauf hinweisen müssen, dass es wichtig wäre, auch FINTA*-
Professor*innen zu haben. Aktuell ist im akademischen Bereich eine sogenannte 
leaky Pipeline zu konstatieren. Dieser Begriff bezeichnet das Phänomen, dass zu 
Studienbeginn das Geschlechterverhältnis im Groben ausgeglichen ist, auf dem Weg 
in Spitzenpositionen aber immer mehr FINTA* Personen auf der akademischen 
Karriereleiter nicht weiter aufsteigen, sondern “verloren” gehen. Hierfür gibt 
es mehrere Ursachen: Cis Männer in Führungspositionen tendieren - ob bewusst 
oder unbewusst - dazu, eher andere cis Männer in ihre Reihen aufzunehmen als 
Menschen anderer Geschlechter. Um dem entgegenzuwirken, ist die Einführung von 
Quoten sinnvoll, welche sicherstellen, dass eben kein cis Mann eine Position 
wegen seines Geschlechts bekommt, sondern auch andere qualifizierte Personen 
eine Chance darauf haben. Doch allein durch Quoten kann das Problem nicht gelöst 
werden: FINTA* Personen müssen ermutigt werden, sich zu bewerben, ihr Wert muss 
ihnen aufgezeigt werden und sie müssen dazu befähigt werden, sich in einer 
(noch) cis männlich dominierten Berufswelt durchzusetzen. Doch ihnen werden auch 
noch andere Steine in den Weg gelegt: Durch gesellschaftlich fest verankerte 
Rollenbilder übernehmen viele FINTA* Personen den größten Anteil an Sorgearbeit 
in der Familie. Während das Hauptziel natürlich sein muss, diese Rollenbilder zu 
hinterfragen und hinter uns zu lassen, kann man keinem Menschen zumuten, 
zwischen Karriere und Familie wählen zu müssen - jede Person muss, wenn ihr das 
wichtig ist, genug Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Daher ist es 
unerlässlich, vollumfängliche Kinderbetreuung anzubieten und auch Optionen 
bereitzuhalten, falls Personen in Teilzeit arbeiten möchten. Davon profitieren 
alle Menschen, die Sorgearbeit übernehmen. Wie bereits beschrieben, sind das 
aktuell insbesondere FINTA* Personen, was die Frage von Vereinbarkeit von 
Familie und Beruf auch zu einer feministischen macht.
Der Mangel an Diversität unter Lehrenden führt - neben den fehlenden 
verschiedenen Perspektiven - zu unfairen Bewertungen. Vielfach berichten FINTA* 
Personen aus Prüfungssituationen mit einer cis männlich geprägten 
Prüfungskommission, welche sie aufgrund ihres Geschlechts lächerlich machte oder 
ihnen schlechtere Noten gab. Dieses Problem besteht insbesondere bei mündlichen 
Prüfungen, welche nicht anonym durchgeführt werden können.
Universitäre Strukturen
Doch auch außerhalb der Lehre befinden sich meist cis männliche Personen in 
Machtpositionen, in denen sie für die Koordinierung der Forschungsarbeit 
zuständig sind. Dadurch ist die Forschung selbst in den seltensten Fällen 
geschlechtergerecht oder feministisch.
Auch in Hochschulgremien, beispielsweise dem Senat sieht es mit der Parität 
schlecht aus - eigentlich achten nur die Studierenden - wenn überhaupt - auf 
eine paritätische Besetzung der ihnen zur Verfügung stehenden Plätze in den 
Hochschulgremien. Da diese Plätze in der Regel allerdings eine Minderheit in den 
Gremien darstellen, ist dies nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. So werden 
bestehende Machtstrukturen zwischen der Gruppe der Professor*innen und der 
Gruppe der Studierenden verstärkt, da FINTA* Personen durch oft alte weiße cis 
Männer einfach nicht ernst genommen werden. In diesen Gremien werden zentrale 
Fragen der Hochschulgemeinschaft besprochen und wichtige Entscheidungen 
getroffen - von cis Männern, die oftmals in ihrem eigenen Interesse handeln.
Wir fordern daher:
- Wissenschaft und deren Inhalte müssen feministisch gedacht und betrieben 
werden. Es kann nicht sein, dass Forschung und damit letztlich auch Lehre
auf cis männliche Verhalten, Interessen und Körper ausgerichtet ist! 
- Feminismus raus aus der Nische - in jedem Studiengang müssen feministische 
Perspektiven eingenommen und vermittelt werden! 
- Her mit Quoten für wissenschaftliche Positionen und Gremien an Hochschulen 
- wir brauchen mehr FINTA*-Personen auch im oberen Bereich der
Karriereleiter sowie in den entscheidenden Gremien! 
- Die Privilegierung von cis männlichen Personen für Hochschulzugang und 
Bewerbungschancen für wissenschaftliche Jobs muss zugunsten von FINTA*-
Personen verschoben werden - sei es durch das Angebot von Kinderbetreuung
oder Arbeit und Studium in Teilzeit zu ermöglichen! 
Begründung
Begründung erfolgt mündlich
