Veranstaltung: | 45. Bundesmitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 8.2.2. Dringlichkeitsanträge |
Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 18.05.2022) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 22.05.2022, 13:36 |
Antragshistorie: | Version 1 |
D1NEU6: #westandwithukraine - Solidarität mit der Ukraine
Begründung der Dringlichkeit
Der Krieg in der Ukraine hält seit Ende Februar diesen Jahres an und stellt eine dynamische Konfliktsituation dar, die sich fortlaufend weiterentwickelt. Um auf eventuelle kurzfristige Ereignisse und Meldungen noch reagieren zu können, hat sich der Campusgrün Bundesvorstand daher dazu entschieden, eine aus unserer Sicht notwendige Positionierung des Verbandes durch einen Dringlichkeitsantrag herbeizuführen.
Antragstext
Die Ukraine erlebt seit dem 24. Februar einen brutalen Angriffskrieg durch
Russland, den wir aufs Schärfste verurteilen. Bisher sind tausende Menschen
gestorben, mehrere Millionen Ukrainer*innen haben temporär oder dauerhaft ihr
Zuhause verloren. Mit der Verrohung durch den Krieg gehen schwerste Verletzungen
der Menschenrechte gegen Zivilist*innen und Kriegsgefangene einher. Das
militärische Ideal hierarchischer, aggressiver Männlichkeit macht insbesondere
weiblich gelesene Personen unsicherer – sowohl durch sexualisierte Gewalt als
Kriegsmittel während der unmittelbaren Kriegshandlungen als auch durch die
Aufrechterhaltung patriarchaler Strukturen in deren Folge. Auch die relative
Freiheit und Sicherheit, die queere Menschen in der Ukraine in den letzten
Jahren dank einer Liberalisierung erleben konnten, wird durch die russische
Invasion bedroht.
Das autoritäre, russische Putin-Regime versucht die Ukrainische Geschichte und
Identität zu vernichten. In erklärter Absicht die eigenständige Existenz eines
unabhängigen ukrainisches Staates zu beenden, werden ukrainische Zivilist*innen
ermordet, verschleppt, vergewaltigt. Russland relativiert dabei außerdem den
Nationalsozialismus, verbreitet falsche Mythen über eine angeblich jüdische
Abstammung Hitlers und behauptet, ein Land mit jüdischem Präsidenten zu
“entnazifizieren”.
Stoppt die russische Invasion
Als Campusgrün verurteilen wir die russische Invasion aufs Schärfste und fordern
dazu auf, die Ukraine mit allen nötigen Mitteln zu unterstützen, die ihre
legitime Selbstverteidigung erfordern.
Wir unterstützen jede Bemühung um friedliche Konfliktbeilegung und halten im
Grundsatz daran fest, die europäische Sicherheitsarchitektur mittelfristig neu
zu organisieren.
Für eine friedliche Welt, die nicht von Nationalismus und imperialen Bemühungen
dominiert ist, stellt die russische Invasion eine ernsthafte Bedrohung dar, der
sich geschlossen entgegengestellt werden muss. Dazu akzeptieren wir auch die
Lieferung von zur Verteidigung benötigten Waffen, solange diplomatische
Maßnahmen wie Sanktionen nicht erfolgreich sind.
Das Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bundeswehr lehnen wir hingegen ab.
Es handelt sich dabei nicht um finanzielle Mittel, die unmittelbar der Ukraine
zugute kommen oder die sozialen Auswirkungen von Krieg und Flucht abfedern.
Vielmehr würde das Sondervermögen eine langfristige Investition in die
Bundeswehr sein, die gut überlegt und breit diskutiert werden müsste. Es ist
fraglich, ob der aktuelle Zustand der Bundeswehr auf fehlende finanzielle
Ressourcen oder vielmehr eine ineffiziente und reformbedürftige
Beschaffungsstruktur zurückzuführen ist.
Kein Mensch ist illegal
Für uns ist klar: Alle verfolgten und bedrohten Menschen haben ein Recht auf
Asyl. Dies muss für alle Menschen in der Ukraine gelten, egal ob
Austauschstudent*innen oder wehrpflichtige Personen.
Weiterhin verurteilen wir die Praxis der ukrainischen Regierung, dass männlich
gelesene Personen im "wehrfähigen Alter" das Land nicht verlassen dürfen. Jeder
Mensch hat ein Recht auf Flucht.
Doch mit Lippenbekenntnissen ist es nicht getan. Es braucht jetzt schnell
Angebote für die Menschen aus der Ukraine, damit sie hier in Deutschland
ankommen können.
Ukrainische Studierende willkommenheißen
Wer vor einem Krieg flüchten muss, wird in ihren*seinen Bildungs- und
Entwicklungsmöglichkeiten massiv eingeschränkt.
Es ist aber unsere Aufgabe jungen Menschen aus der Ukraine eine Perspektive zu
bieten, die ihnen einen Alltag ermöglicht und nach oft schweren traumatischen
Erfahrungen so weit es möglich ist Sicherheit bietet und Handlungsfähigkeit
bildet.
Das Bildungssystem in der Ukraine unterscheidet sich in vielen Punkten stark von
dem in Deutschland. Auch deshalb braucht es eine flächendeckende Förderung von
Studienkollegs und gezielte Beratungsangebote für junge Menschen, die in der
Ukraine studiert haben, damit sie hier in Deutschland den passenden Ort für
Hochschulstudium oder duale Ausbildung finden.
In der Ukraine gibt es große Bemühungen, digitale Angebote weiterhin anzubieten.
Für alle ukrainischen Studierenden, die an ihr bisheriges Studium fortsetzen
wollen, müssen Lernorte geschaffen werden. Außerdem müssen Partnerschaften und
internationale Studiengänge schnell und unbürokratisch ermöglicht werden.
Begründung
Als Verband, für den Antifaschismus, internationale Solidarität und der Einsatz für eine friedliche Welt selbstverständliche Grundsätze sind, haben wir uns bereits durch den Bundesvorstand mit der Ukraine solidarisiert. Beschlüsse durch die Bundesmitgliederversammlung zeigen noch deutlicher die Priorität für unseren Verband. Zum einen adressieren wir damit Betroffene und deren Angehörige und Freund*innen, zum anderen wollen wir gezielt auf die Situation von Studierenden aufmerksam machen, um den Druck auf die Politik, insbesondere die Grüne Partei, zu erhöhen und schnell Unterstützungsmaßnahmen umzusetzen.
Es ist aber auch wichtig, dass wir als Verband einen Diskurs darüber führen, welche Maßnahmen wir gegen den Krieg als richtig erachten. Wer in einem völkerrechtswidrigen Krieg keine Position bezieht, toleriert diesen. Doch dabei stellen sich uns einige schwierige Fragen darüber, was richtig ist und wie wir unsere Grundsätze weiter auslegen wollen. Der Beschluss soll Grundlage dazu sein, Diskurse in der Grünen Partei und der Gesellschaft nicht weiter abzukürzen und er gibt dem Bundesvorstand Leitlinien und Grenzen für weitere Positionierungen und das künftige Vorgehen.
In unserem Grundsatzprogramm haben wir uns selbst dazu verpflichtet “danach zu fragen, wie Gesellschaft und Individuen verfasst sein müssen, um ein Wiedererstarken des Faschismus zu verhindern.” Wir bekennen uns aber auch klar zur friedlichen Konfliktbeilegung, wir “widersetzen uns jeder Form der Menschenfeindlichkeit und treten ausschließenden Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus mit aller Kraft entgegen. Wir engagieren uns für Projekte im Bereich internationaler gemeinsamer Praxis, der Friedens- und Anti-Kriegsarbeit, der (Post)Kolonialismuskritik und der globalen Solidarität mit unterdrückten, verfolgten und ausgebeuteten Menschen.”
Als Antragsteller*innen sind wir auf Basis unserer Grundsätze und der Verurteilung des Angriffs Russland auf die Ukraine durch die Vereinten Nationen (Resolution ES-11/1 der UN-Generalversammlung, “Uniting for Peace”-Verfahren) der Auffassung, dass die Unterstützung der Ukraine in ihrer Selbstverteidigung richtig und notwendig ist.
Wir sind außerdem der Auffassung, dass Waffenlieferungen in diesem Fall die Hürde für das russische Regime deutlich erhöhen können, die Angriffe auf die Ukraine aufrecht zu halten. Einen direkten Interessenausgleich halten wir in diesem Fall für nicht möglich, da das Interesse der ukrainischen Bevölkerung an Selbstbestimmung, Leben und Sicherheit Interessen des russischen Regimes und insbesondere ideologisch motivierte Ziele, wie die Vernichtung einer eigenständigen ukrainischen Identität (vgl. § 6 Völkermord, Völkerstrafgestezbuch), klar überwiegen.
Dies kann für uns aber nicht bedeuten, dass wir eine auf Konkurrenz basierende imperiale Weltordnung akzeptieren und zum Normalzustand werden lassen wollen.
Die Grüne Partei, der wir nahestehen, versucht gerade ohne breite gesellschaftliche und innerparteiliche Debatte ein Sondervermögen über 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr als jährliches Sonderetat zu verankern. Dies steht im krassen Gegensatz zu unserem Ziel, eine weitere Aufrüstung der NATO-Mitgliedsstaaten zu verhindern und stellt in unseren Augen kein adäquates Mittel dar, auf den Krieg in der Ukraine und seine unmittelbaren Folgen angemessen zu reagieren. Daher wollen wir die weitere Grüne Positionierung kritisch begleiten, für eine echte Unterstützung und Abfederung der sozialen Folgen des Krieges streiten und die notwendige gesellschaftliche Debatte über die Rolle von NATO und Bundeswehr mitgestalten.